Umfrage: ÖsterreicherInnen wünschen sich mehr Kinder

  • Hohe Diskrepanz zwischen gewollten und geborenen Kindern.
  • Kind nach 30 wird Normalfall.
  • Männer wünschen sich mehr Kinder als Frauen.
  • Mehr Verständnis für und höhere Akzeptanz der Bedürfnisse von Familien.
  • Höheres Familieneinkommen sowie bessere Infrastruktur würden vielen ermöglichen, ihren Kinderwunsch zu verwirklichen.

(Wien, 27.6.16, PUR) Eine aktuelle repräsentative Umfrage bestätigt, dass die Österreicher sich etwa 50% mehr Kinder wünschen, als sie tatsächlich haben. Als ideal werden zwar zwei Kinder angesehen, tatsächlich bekommen Frauen aber im statistischen Durchschnitt nur 1,4 Kinder. Österreich liegt damit im letzten Drittel der europäischen Länder und unter dem europäischen Durchschnitt von 1,5 (GGP 2013). Erstmalig wurde auch gefragt, was die Entscheidung für ein (weiteres) Kind erleichtern würde. Fazit: Menschen mit unrealisiertem Kinderwunsch leiden unter den zunehmend belastenden Arbeitsbedingungen und an den unflexiblen Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Langfristig stabile Beziehung gewünscht

Den ungebrochen hohen Trennungsraten zum Trotz:Hier sind sich alle befragten Gruppen einig, dass für die Entscheidung für ein Kind eine langfristig stabile Beziehung am wichtigsten ist.Auffallend ist, dass eine stabile Beziehung nahezu für alle jungen Frauen (bis 30 Jahre) enorm wichtig ist (95%). Mit dem Alter (30-49 Jährige) geht diese Bedeutung auf 51% zurück. Für Männer ist es ebenfalls der wichtigste Aspekt (84% bei den bis 30 jährigen und 68% ab 40 Jahren).Besonders wichtig ist eine stabile Beziehung auch für diejenigen, die noch keine Kinder haben (77%).Ähnlich verhält es sich mit der zweithäufigsten Nennung, dem Wunsch nach mehr Zeit des Partners für die Familie. Diese Ergebnisse bestätigen die Analyse der Politikwissenschaftlerin Dr.in Mariam Irene Tazi-Preve: “Die Struktur der Kleinfamilie selbst erweist sich als das Problem. Mütter und Väter sind überlastet. Was benötigt wird, ist ein soziales Netz von vielen Personen, die gemeinsam die Kinder aufziehen.”

Mehr Verständnis für Familien

Damit sich Menschen für mehr Kinder entscheiden, erwarten sie:

  • mehr Verständnis für Familien in unserer Gesellschaft
  • Höhere Akzeptanz für Mütter am Arbeitsplatz
  • Bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie
  • Höhere Familienbeihilfe
  • Höheres Familieneinkommen

All diese Aspekte werden vor allem von Frauen bis 30 Jahre genannt (über 50%), also von jener Gruppe, die den höchsten Kinderwunsch äußert. Für Männer sind diese Aspekte deutlich weniger wichtig (< 40%).Allerdings gewinnt die Forderung nach mehr Verständnis für Familien in unserer Gesellschaft bei Personen mit Kindern deutlich an Bedeutung, was wohl auf einschlägige schlechte Erfahrungen zurückgeführt werden kann. Der Wunsch nach kostenloser Kinderbetreuung und längeren Kindergarten-Öffnungszeiten wird von mehr als der Hälfte der unter-dreißigjährigen Frauen und von Menschen mit geringerem Monatseinkommen (33%) als sehr wichtig genannt. Dies ist für Männer deutlich weniger wichtig (18% halten es für sehr wichtig).

Kinder erst nach 30

Knapp die Hälfte der ÖsterreicherInnen im Alter 18-49 Jahre hat eigene Kinder (48%). Allerdings wird die Entscheidung für ein Kind meist erst nach dem 30. Lebensjahr verwirklicht, nur 19% aller Frauen unter 30 haben ein Kind - 76% nach 30.

Größter Kinderwunsch jungen Menschen und Männern

73% der jungen Frauen und Männer (18-29 Jahre) wünscht sich Kinder. Nach dem 30.Lebensjahr geht der Kinderwunsch aber sehr stark zurück, vor allem bei Frauen auf 16%. Auch bei Männern ist der Rückgang des Kinderwunsches mit dem Alter auch markant, wobei sich in dieser höheren Altersgruppe aber mit 30% doppelt so viele Männer (weitere) Kinder wünschen wie Frauen. Dass der Kinderwunsch von Frauen über 30 sinkt, erklärt die Soziologin Dr.in Tazi-Preve. “Noch nie hat es eine derart überlastete Müttergeneration gegeben wie heute. Erstmals steigen in den USA die Sterberaten dieser Frauen im mittleren Alter an und ihr Arbeitsaufkommen war noch nie so hoch. Deswegen geht der Kinderwunsch nach dem ersten Kind so rapide zurück. Auch die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist in der Demographie belegt. Männer wünschen sich mehrere Kinder, inzwischen mehr als Frauen, sind aber am Arbeitsplatz womöglich noch mehr gefordert als zuvor. D.h. sie arbeiten länger und sind daher als Vater noch weniger präsent. Da schlägt sich das traditionelle Männerbild mit jenem von Fürsorge und Zuwendung. Und die neoliberale Arbeitswelt bewirkt, dass Arbeitsplätze prekärer werden, schlecht bezahlt und unsicher und somit zur familiären Unsicherheit beitragen.”

Kinder: je mehr man hat, desto weniger will man noch

73% der kinderlosen Männer und Frauen wünschen sich Kinder. Von denjenigen mit einem Kind wünschen sich jedoch nur noch 13% ein weiteres und bei 2 Kindern ist der Wunsch nach weiteren gar nicht mehr vorhanden. Mit 86% ist der Wunsch nach mehreren Kindern bei Männern stark ausgeprägt, wohingegen sich dies nur 56% der Frauen wünschen.

Familienpolitik muss Bedürfnisse der Menschen berücksichtigen

Auftraggeber der Studie ist das Gynmed Ambulatorium für Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch in Wien. Dieses hat v.a. mit Frauen/Paaren zu tun, die in ihrer aktuellen Lebenssituation kein (weiteres) Kind verantwortungsvoll ins Leben begleiten können. Da aber fast alle Frauen, die zu einem Schwangerschaftsabbruch kommen, sich grundsätzlich noch (weitere) Kinder wünschen, wollte man die Voraussetzungen für die Realisierung dieses Kinderwunsches erheben. Gynmed-Leiter DDr. Christian Fiala: „Es ist nachvollziehbar, dass der Wunsch nach einer langfristig stabilen Beziehung und Aufteilung der Familienarbeit als zentrale Rahmenbedingung für die Realisierung eines Kinderwunsches angesehen wird. Will der Staat die Menschen in der Umsetzung ihres Lebensplanes mit gewollten Kindern unterstützen, müssen also bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, beide Elternteile die Kindererziehung gut umsetzen können. Auch dann, wenn die Beziehungen von immer kürzer Dauer sind. Dazu bedarf es mehr Verständnis und höhere Akzeptanz der Bedürfnisse von Familien, wie z.B. höhere Familienbeihilfe, höhere Familieneinkommen, flexiblere Arbeitsbedingungen und verbesserte Kinderbetreuung. Diese Maßnahmen würde Paaren ermöglichen, die Anzahl an Kindern zu bekommen, die sie sich wünschen.“ Die Umfrage bestätigt die Notwendigkeit einer Familienpolitik, die einerseits Paare mit ihrem Kinderwunsch fördert, und gleichzeitig Menschen in der Vorbeugung ungewollter Schwangerschaften unterstützt. Um die Prävention ungewollter Schwangerschaften zu verbessern, hat Gynmed den Österreichischen Verhütungsreport ins Leben gerufen. www.verhuetungsreport.at www.gynmed.at

Methodik

Die Befragten stellen einen repräsentativen Querschnitt der österr. Bevölkerung zwischen 18 und 49 Jahren dar. Es wurden 254 ÖsterreicherInnen telefonisch im Rahmen des INTEGRAL Telebus (Mehrthemenumfrage) befragt. Durchführung: Mai 2016.

 

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